Vortrag: Just take a stance
Zum Zusammenhang zwischen Stancetaking und Patchwork-Identität
Die Identitätsentwicklung in der modernen Gesellschaft erweist sich häufig als schwierig, weil neben der Multiplizität von Optionen und der Ambivalenz von sozialen Werten vorausgesetzt wird, dass die Individuen selbst flexibel bleiben und sich ständig zu neuen Erfordernissen anpassen. Dadurch entsteht die Frage, ob es einen bestimmten Mechanismus geben kann, der alle diese Anpassungen ermöglicht und im Laufe des Gesprächs nivelliert. Während sich die Frage nach der primären Rolle der Sprache in der Gesellschaft womöglich nie zweifelsfrei beantworten lässt, rückt der eigentliche Vorgang der Positionierung mithilfe der linguistischen Mittel zunehmend ins Interesse. Im Rahmen dieses Vortrags wurde in modifizierter Art und Weise auf das Stance-Konzept von John Du Bois (2007) zurückgegriffen, und dessen Funktion in Bezug auf die Identitätsarbeit analysiert. Dabei wurde die Theorie von Stancetaking mit dem Modell der Patchwork-Identität von Heiner Keupp (1999) in Verbindung gebracht. So wurde diskutiert, dass Positionierung und Identitätsentwicklung miteinander wechselbezogen sind, was sich in der Interaktion widerspiegelt. Der Ausgangspunkt solcher Vorgehensweisen ist eine Auffassung von Stance als ein Medium zwischen den Akteursrollen des Individuums, die im menschlichen Kognitionssystem verankert sind, aber gleichzeitig durch den situativ erzeugten Stance geäußert werden können. Das Modell erlaubt Patchwork-Identität zum Teil als ein dialogisches Konstrukt zu definieren, weil sowohl die Akteursrollen als auch Stance in der Interaktion konstruiert wurden. In psycholinguistischen Studien wurde bislang kaum auf die Idee von Positionierung bzw. Stancetaking, als ein Außprägungsmittel für Patchwork-Identität eingegangen. Trotzdem ist das Konzept von Stance in diesem Zusammenhang von großer Relevanz, weil die individuelle Identitätsarbeit dadurch exakter beschrieben werden kann.
Da die Bewertung von komplexen Sachverhalten, und somit die Stancetaking, durch Wechselbeziehungen realisiert wurde, ist das nicht unbedingt ein geschlossener Prozess. Im Gegenteil, ein Akt von Positionierung kann auch im Sinne von kontinuierlicher Bestrebung nach einem Ergebniss betrachten werden, wobei selbst der Prozess von großer Bedeutung ist. Dementsprechend kann auch die Identitätsarbeit aus keinen abgeschlossenen Handlungen bestehen, weil die Identitätsrollen, und deren Verwirklichung, nur als bestimmte Stufen im Laufe der Identitätsentwicklung existieren. Darüber hinaus bleibt es unklar, welches von beiden Phänomenen (Stancetaking oder von Individuen gezielte Kohärenz) die allgemeine Grenzenlosigkeit verursacht.
Info
Tag:
04.11.2022
Anfangszeit:
14:45
Dauer:
00:30
Raum:
Wiwi-Bunker —Room 4099
Track:
Neuro- and Psycholinguistics
Sprache:
de
Links:
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ReferentInnen
Diana Lepka |