Vortrag: Klingt dünn klein und schwer groß?

– Eine Untersuchung des größenlautsymbolischen Potentials von drei Adjektivpaaren in 20 Sprachen anhand ihrer Vokale

Korpusstudie, in der drei Adjektivpaare über 20 Sprachen aus sechs Sprachfamilien auf ihr größenlautsymbolisches Potential hinsichtlich ihrer Vokale untersucht werden.

Klingt klein genauso klein wie dünn? Klingt schwer größer als leicht? Könnte man die Bedeutung eines Adjektivs in einer fremden Sprache anhand seines Klangs erraten? Diese Fragen wären vor knapp 100 Jahren noch verneint worden, etwa durch Ferdinand de Saussure (1959: 68): „No one disputes the principle of the arbitrary nature of the sign“.
Heute herrscht ein wachsender wissenschaftlicher Diskurs um das Gegenteil dieser Arbitrarität: Lautsymbolik, „the direct linkage between sound and meaning“ (Hinton et al. 1994: 1). Nicht nur für Onomatopöen, Interjektionen und Ideophone wird lautsymbolisches Potential festgestellt, sondern auch für den allgemeinen Wortschatz (Blasi et al. 2016, Sidhu et al. 2021, Winter & Perlman 2021). So wird Kleinheit mit dem Vokal /i/ und Größe mit den Vokalen /a/ und /o/ assoziiert (Ohala 1984).
Die vorliegende Korpusstudie untersucht, wie weit Lautsymbolik der Größe semantisch gehen kann – kann nicht nur klein, sondern auch dünn klein klingen, oder können nur explizite Größenadjektive Größenlautsymbolik aufweisen? Dazu wird das größenlautsymbolische Potential von drei Adjektivpaaren aus 20 Sprachen und sechs Sprachfamilien, die sich explizit (groß/klein) bzw. im erweiterten Sinne (dick/dünn, schwer/leicht (Gewicht)) auf Größe beziehen, untersucht. Für jedes Adjektiv werden die semantische Dimension (L/S) und die absolute Anzahl der Vokale /i/ sowie /a, o/ erfasst und durch lineare Regressionen auf deren Korrelation untersucht.
Signifikante Effekte wurden für alle Adjektivpaare als Gesamtkorpus sowohl für die große Dimension und die Vokale /a/ und /o/ als auch für die kleine Dimension und den Vokal /i/ festgestellt. Für die einzelnen Adjektivpaare wurde nur für groß/klein ein signifikanter Zusammenhang zwischen Dimension S und /i/ festgestellt. Dies könnte darauf hinweisen, dass nicht explizite Größenadjektive semantisch zu komplex sind, um Größenlautsymbolik aufzuweisen. Zudem stellen auch Blasi et al. (2016: 10820) zwar einen signifikanten Effekt zwischen klein und /i/ fest, nicht aber zwischen groß und /o/. Kleinheit ist möglicherweise lautsymbolisch stärker.

Info

Tag: 05.11.2022
Anfangszeit: 14:15
Dauer: 00:30
Raum: Wiwi-Bunker —Room 5050
Track: Phonetics and Phonology
Sprache: de

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