Version 22-03-8

Lecture: Ein Programmierer findet schnell einen Job. – Was ist mit Anna? Jeder findet schnell einen Job. – Was ist mit Sarah? Geschlechtsassoziationen bei maskulinen Personenbezeichnungen und Indefinitpronomina

Ein Programmierer findet schnell einen Job. – Was ist mit Anna?
Jeder findet schnell einen Job. – Was ist mit Sarah?

Geschlechtsassoziationen bei maskulinen Personenbezeichnungen und Indefinitpronomina

Das Thema „geschlechtergerechter Sprachgebrauch“ ist präsenter denn je – und damit auch die Diskussion um sogenannte generische bzw. geschlechtsübergreifende Maskulina (GM). Gemeint sind damit maskuline Personenbezeichnungen (PB), die verwendet werden, wenn a) das Geschlecht der referierten Personen nicht relevant ist, b) auf gemischtgeschlechtliche Gruppen referiert wird oder c) verallgemeinert wird (vgl. KLANN-DELIUS 2005: 26). Zahlreiche Studien belegen jedoch, dass GM primär an Männer denken lassen und daher die Repräsentation von allen nichtmännlichen Personen benachteiligen (u. a. DE BACKER/DE CUYPERE 2012, GYGAX ET AL. 2008, HEISE 2000, IRMEN/KÖHNCKE 1996, IRMEN/ROßBERG 2004, STAHLBERG/SZCESNY 2001).
Eine offene Frage bleibt jedoch, inwiefern verschiedene grammatische und semantisch-lexikalische Faktoren die Geschlechtsassoziationen bei Maskulina beeinflussen (vgl. KOTTHOFF/NÜBLING 2018). Das genderlinguistische Projekt „Geschlechtsassoziationen bei maskulinen Personenbezeichnungen und Indefinitpronomina“ widmet sich nun erstmalig schwerpunktmäßig der Untersuchung des Einflusses ebendieser Faktoren (u. a. Numerus und Berufs- vs. Rollenbezeichnungen). Neben PB sollen außerdem (un)flektierte Indefinitpronomina in Experimenten untersucht werden (z. B. jeder und jemand).
Im Vortrag wird zunächst knapp das Projekt vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf den methodischen Vorgehensweisen: Nach der Schilderung des ersten Experiments des Projekts (Benennungsaufgabe, s. u.) wird es um Ideen für künftige Experimente gehen, durch die der Einfluss der zu untersuchenden Faktoren auf Geschlechtsassoziationen bei PB und Indefinita ermittelt werden können. Dabei handelt es sich um Benennungsaufgaben (vgl. u. a. HEISE 2003, KLEIN 1988, KUSTERLE 2011) und Schätzaufgaben (vgl. u. a. DE BACKER/DE CUYPERE 2012, MISERSKY ET AL. 2014). Bei den Benennungsaufgaben werden Namen in Lücken innerhalb einzelner Sätze oder ganzer Texte eingesetzt, um Geschlechtsassoziationen zu ermitteln; bei den Schätzaufgaben werden reale Geschlechterverteilungen von Personengruppen geschätzt, wobei als Stimuli maskuline PB dienen, die in Sätzen oder Texten eingebettet sind.

Literatur:
DE BACKER, M./DE CUYPERE, L. (2012): The interpretation of masculine personal nouns in German and Dutch: A comparative experimental study. In: Language Sciences 34, 253–268.
GYGAX, P./GABRIEL, U./SARRASIN, O/OAKHILL, J./GARNHAM, A. (2008): Generically intended, but specifically interpreted: When beauticians, musicians and mechanics are all men. In: Language and Cognitive Processes 23, 464–485.
HEISE, E. (2000): Sind Frauen mitgemeint? Eine empirische Untersuchung zum Verständnis des generischen Maskulinums und seiner Alternativen. In: Sprache & Kognition 19 (1/2), 3–13.
HEISE, E. (2003): Auch einfühlsame Studenten sind Männer: Das generische Maskulinum und die mentale Repräsentation von Personen. In: Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis 35 (2), 285–291.
IRMEN, L./KÖHNCKE, A. (1996): Zur Psychologie des „generischen“ Maskulinums. In: Sprache & Kognition 15 (3), 152–166.
IRMEN, L./ROßBERG, N. (2004): Gender markedness of language. The impact of grammatical and nonlinguistic information on the mental representation of person information. In: Journal of Language and Social Psychology 23 (3), 272–307.
KLANN-DELIUS, G. (2005): Sprache und Geschlecht. Stuttgart.
KLEIN, J. (1988): Benachteiligung der Frau im generischen Maskulinum – eine feministische Schimäre oder psycholinguistische Realität. In: Oellers, N. (Hg.): Vorträge des Germanistentags Berlin 1987 (Bd. 1). Tübingen, 310–319.
KOTTHOFF, H./NÜBLING, D. (2018): Genderlinguistik. Eine Einführung in Sprache, Gespräch und Geschlecht. Tübingen.
KUSTERLE, L. (2011): Die Macht von Sprachformen. Der Zusammenhang von Sprache, Denken und Genderwahrnehmung. Frankfurt am Main.
MISERSKY, J./GYGAX, P. M./CANAL, P. et al. (2014): Norms on the gender perception of role nouns in Czech, English, French, German, Italian, Norwegian, and Slovak. In: Behavior Research Methods 46, 841–871.
STAHLBERG, D./SCZESNY, S. (2001): Effekte des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen. In: Psychologische Rundschau 52, 131–140.

Info

Day: 2022-03-25
Start time: 13:50
Duration: 00:30
Room: Jamala
Track: Soziolinguistik
Language: de

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