Version 1.0

Lecture: Unkontrovers, aber funktional verschieden: bekanntlich und ja als CG-Management-Operatoren

Abstract:



Der Vortrag präsentiert einen Teil meines Dissertationsprojekts, das die semantischen und pragmatischen Eigenschaften von bekanntlich sowie dessen Beitrag zur Diskurskohärenz auf Basis korpuslinguistischer Daten untersucht. Im Mittelpunkt steht dabei die diskurspragmatische Funktion von bekanntlich, die mithilfe eines Vergleichs mit der Diskurspartikel ja genauer abgegrenzt wird.

Description:

Die Ausdrücke bekanntlich und ja werden im Alltag häufig verwendet, oftmals ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird. Obwohl sie auf den ersten Blick wie triviale rhetorische Wendungen erscheinen, tragen sie wesentlich zur diskursiven Relevanz bei:


(1) a. Ganz wichtig ist die Präsentation der Speisen, denn das Auge isst bekanntlich mit. (St. Galler Tagblatt, 12.12.1997)


b. Wir können heute Abend ins Kino gehen, denn Marco hat ja das Treffen abgesagt.


So markieren bekanntlich und ja in (1) die modifizierte Proposition als Teil des Common Grounds (CG), und stellen sie als unkontrovers dar, wodurch die Akzeptanz der Äu&szligerung beim Adressaten erleichtert und die Diskursentwicklung begünstigt wird. Diese Funktion wird nach Döring & Repp (2019) als CG-Management in der komplexen Diskurseinheit definiert.


Auffällig ist, dass bekanntlich und ja nicht in allen Kontexten austauschbar sind (s. (2)), obwohl die Literatur eine funktionale Äquivalenz zwischen beiden nahelegt (vgl. Hirschmann 2015).


(2) Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ja/?bekanntlich eigentlich noch angemeldet bin. (vgl. Grosz 2021:11)


Vor diesem Hintergrund stehen zwei Fragen im Mittelpunkt meines Vortags:


1. Wie verhält sich eine Proposition mit bekanntlich und ja innerhalb einer komplexen Diskurseinheit?


2. Welche Unterschiede bestehen zwischen den beiden? Lassen sich diese Unterschiede in ihrer Interaktion mit Diskursrelationen feststellen?


Zur Beantwortung wird eine Korpusstudie zu bekanntlich durchgeführt, deren qualitative Auswertung auf den Annotationskriterien von Döring & Repp (2019) basiert. Die Ergebnisse werden mit Befunden zu ja verglichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in CG-Management beider Ausdrücke herauszuarbeiten.


 


References:


Döring, Sophia & Repp, Sophie (2019). The modal particles ja and doch and their interaction with discourse structure: Corpus and experimental evidence. In: S. Featherston & R. Hörnig & S. von Wietersheim & S. Winkler (eds.), Experiments in focus: information structure and semantic processing. Berlin; Boston: De Gruyter, 17-53.


Grosz, Patrick G. (2021). Discourse Particles. In: D. Gutzmann & L. Matthewson & C. Meier & H. Rullmann & T. E. Zimmermann (eds.), The Companion to Semantics. Oxford: Wiley, 1-29.


Hirschmann, Hagen (2015): Modifikatoren im Deutschen: ihre Klassifizierung und varietätenspezifische Verwendung. Tübingen: Stauffenburg Verlag.

Info

Day: 2025-11-13
Start time: 15:45
Duration: 00:30
Room: M17.74
Track: Applied linguistics
Language: de

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