Version 22-03-8
Vortrag: Die Kontroverse um die geschlechtsindifferente Referenz in der Frankophonie
Eine soziolinguistische Untersuchung zu laienlinguistischen Einstellungen
Diese sich in der Genderlinguistik verortende Dissertation untersucht die geschlechtsindifferente Referenz in der Frankophonie, die durch zwei adversative Grundprinzipien erfolgen kann: den tradierten, gegenwärtig jedoch oft als sexistisch eingestuften generischen Gebrauch des Maskulinums (GM) und die nicht sexistische Formulierung als Hyperonym für dessen Alternativen. Die Kontroverse um die geschlechtsindifferente Referenz ist ein aktuelles Beispiel für eine internationale, soziolinguistische Debatte, an der sich alle Teile der Bevölkerung beteiligen (vgl. Bußmann 2005: 503). Da die linguistischen Positionen bereits vielfach thematisiert wurden, liegt der Fokus dieser Dissertation auf den laienlinguistischen Einstellungen. Aufgrund von sprachstrukturellen und sozio-kulturellen Differenzen divergiert die Thematisierung dieser soziolinguistischen Problematik hinsichtlich Intensität und Brisanz sowie Grad der offiziellen und rechtlichen Protektion von Sprachgemeinschaft zu Sprachgemeinschaft sehr. Selbst innerhalb einer Sprachgemeinschaft können erhebliche Unterschiede bestehen. Deshalb erfolgt im Rahmen dieser Dissertation eine kontrastive Untersuchung zu den Einstellungen frankophoner Studierender in Frankreich, Belgien, der Schweiz und Québec1. Bisher liegen zu den zwei Grundprinzipien primär empirische Untersuchungen im Bereich der Kognitiven Psychologie und Textrezeption vor. Ziel ist es, diesen Schwerpunkt durch eine soziolinguistische Untersuchung zu erweitern. Dafür wurde eine standardisierte, schriftliche und selbstadministrierte Online-Fragebogenerhebung mit einer Stichprobengröße von n = 1.000 durchgeführt. Methodische Probleme waren der für aktuelle Umfragen übliche, große Antwortausfall, das
Non-Response-Problem sowie die damit einhergehende Selbstselektion der Teilnehmenden. Nach
qualitativer und quantitativer Auswertung der Ergebnisse wurden diese partiell Signifikanztests un-
terzogen, um die Forschungsfragen2 zu beantworten und die gerichteten Forschungshypothesen3 zu überprüfen. Da keine Normalverteilung vorlag, wurden nicht-parametrische Verfahren verwendet.
Ziel ist es, über methodische Herausforderungen und mögliche Lösungswege bei der Erstellung und Durchführung von Fragebogenerhebungen im Allgemeinen sowie insbesondere im online Format zu informieren und einen diesbezüglichen Austausch zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen auch Probleme bei der statistischen Auswertung und potentielle Verfahren, um diese zu verhindern behandelt werden.
Bibliographie:
Bußmann, Hadumod: „Haben Sprachen ein Geschlecht? – Genus/gender in der Sprachwissenschaft“, in: Bußmann,
Hadumod/Hof, Renate (Hrsg.): Genus: Geschlechterforschung, gender studies in den Kultur- und Sozialwissenschaften ; ein Handbuch, Stuttgart: Kröner, 2005, S. 482-518.
1 Im Rahmen dieser Dissertation referiert der Terminus Frankreich lediglich auf das französische Festland, die Termini Belgien und Schweiz beziehen sich nur auf die frankophonen Gebiete der Länder und Québec wird als einzige offiziell einsprachig frankophone Provinz stellvertretend für den gesamten frankophonen Teil Kanadas untersucht.
2 „Welche Einstellungen haben frankophone Studierende hinsichtlich der zwei adversativen Grundprinzipien zur geschlechtsindifferenten Referenz?“, „Welche gebiets- und geschlechtsspezifischen Unterschiede liegen in der Frankophonie in Bezug auf diese Einstellungen vor?“ und „Wie lassen sich diese Unterschiede innerhalb der Frankophonie begründen?“.
3 „Die Québecer Studierenden sind der nicht sexistischen Formulierung gegenüber am positivsten eingestellt, gefolgt von den Schweizer und belgischen Studierenden, während die französischen Studierenden dem GM gegenüber am positivsten eingestellt sind, gefolgt von den belgischen und den Schweizer Studierenden.“ und „Frauen und nicht binäre Menschen sind der nicht sexistischen Formulierung gegenüber positiver eingestellt als Männer, während Männer dem GM gegenüber positiver eingestellt sind als Frauen und nicht binäre Menschen.“
Info
Tag:
26.03.2022
Anfangszeit:
14:10
Dauer:
00:30
Raum:
Jamala
Track:
Soziolinguistik
Sprache:
de
Links:
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ReferentInnen
Lina Rebecca Arnold |