Version 22-03-8
Vortrag: Mehrsprachige Kommunikation in der Pflege
Gespräche zwischen Patient:innen und spanischsprachigen Pflegekräften (aus Mexiko) – eine diskursanalytische Untersuchung
Innerhalb der medizinischen Kommunikation stellen mehrsprachige Sprachenkonstellationen, in denen die Akteur:innen unterschiedliche L1 haben und in der Verständigungssprache Deutsch kommunizieren, längst keinen Sonderfall mehr dar (vgl. z.B. Hohenstein/Lévy-Tödter 2020). In der Pflege ist dies u.a. auf eine aufgrund von Fachkräftemangel verstärkte Rekrutierung internationaler Pflegekräfte zurückzuführen. Seit 2019 kommen immer mehr dieser Pflegekräfte auch aus Mexiko nach Deutschland. Sie stoßen hier auf sprachlich-kommunikative Herausforderungen in ihrer Berufspraxis (vgl. BMG 2019:49), da Pflege ein sehr kommunikativer Beruf ist und die sprachlich-kommunikativen Anforderungen entsprechend hoch sind (vgl. Haider 2010:8). Obgleich das Angebot an Lehrmaterial und Berufssprachkursen für Pflegeberufe umfangreich ist, gibt es nur vereinzelt Forschungsarbeiten, in denen Pflegesprache und –kommunikation linguistisch untersucht werden (z.B. Weinhold 1997, Walther 2001, Matic 2015). Vor diesem Hintergrund wurde im Oktober 2021 an der Universität Duisburg-Essen die AG „Medizinische Kommunikation und Mehrsprachigkeit“ gegründet, im Rahmen derer zwei Dissertationsprojekte entstehen sollen. Eines davon zielt auf eine gesprächslinguistische (funktional-pragmatische) Untersuchung von Pflege-Patient:in-Interaktion (PPI). Dafür werden bis zu 15 Gespräche zwischen spanischsprachigen Pflegekräften aus Mexiko und Patient:innen (Schauspieler:innen) in Simulationstrainings videographiert, transkribiert und hinsichtlich ihrer Struktur und ihre Musterhaftigkeiten analysiert. Im Fokus stehen wiederkehrende sprachliche Handlungsmuster, institutionelle Zwecke und kontrastive Sprachbetrachtungen. Im Vortrag wird insbesondere auf die Datenerhebung eingegangen, die im März 2022 startet. Methodische Herausforderungen betreffen dabei die folgenden Fragen: (a) Gesprächslinguistik arbeitet mit authentischen Daten. Inwiefern werden die Simulationsgespräche dem (nicht) gerecht? (b) Können Aussagen über die Gespräche getroffen werden, ohne Vergleichsgruppe (tertium comparationis)? (c) Wieso eignet sich die Funktionale Pragmatik als Methodologie in diesem Fall besonders gut? Welche alternativen gesprächsanalytischen Ansätze gibt es? (d) Inwiefern können zusätzliche Erhebungen (Kurzbefragungen, Beobachtungen) die Gesprächsanalyse ergänzen?
Referenzen:
• BMG (Bundesministerium für Gesundheit) (2019): Siebter Pflegebericht. Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Pflegeversicherung und den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Berichtzeitraum: 2016-2019. Online abrufbar unter: bundesregierung.de
• Haider, Barbara (2010): Deutsch in der Gesundheits- und Krankenpflege. Eine kritische Sprachbedarfserhebung vor dem Hintergrund der Nostrifikation. Wien: facultas.
• Hohenstein, Christiane; Lévy-Tödter, Magdalène (2020): Multilingual Healthcare. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
• Walther, Sabine (2001): Abgefragt?! Pflegerische Erstgespräche im Krankenhaus: Eine linguistische Untersuchung von Erstgesprächen zwischen Pflegepersonal und Patienten. Bern: Huber (Pflegewissenschaft).
• Weinhold, Christine (1997): Kommunikation zwischen Patienten und Pflegepersonal. Bern (u.a.): Verlag Hans Huber.
• Matic, Igor (2015): Mehrsprachigkeit und Verstehen: eine gesprächsanalytische Untersuchung mehrsprachiger Pflegeinteraktionen im Kontext der Schweizer Spitex. Zürich: Universität Zürich.
Info
Tag:
26.03.2022
Anfangszeit:
14:10
Dauer:
00:30
Raum:
Celan
Track:
Spracherwerb/Sprachkontakt
Sprache:
de
Links:
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Rebekka H |