Version 22-03-8
Vortrag: Referenzforschung im Spannungsfeld von Labor und Wirklichkeit
Prof. Dr. Petra Schumacher, Universität zu Köln
Ein Großteil der bisherigen psycho- und neurolinguistischen Forschung zu Referenz nutzt kurze Texte bestehend aus einem Kontext- und einem Zielsatz als Untersuchungsgegenstand. Dies ermöglicht eine sorgfältige Kontrolle der Kontextfaktoren (Wortstellung, Gegebenheit, Agentivität, Anzahl der Referenten, etc.), wie es in Laborexperimenten gängige Praxis ist. Die Verwendung eines minimalen Kontextes geht jedoch auf Kosten der Natürlichkeit der Informationsübermittlung, da Inhalte mehr oder weniger zusammenhanglos präsentiert werden und kein wirkliches Kommunikationsziel erreicht werden muss (außer bspw. das Ausführen einer Aufgabe). Dies hat diverse negative Auswirkungen auf die Theoriebildung: (i) Kontexte mit lediglich zwei potentiellen Referenten schränken die Hypothesentestung auf unnatürliche Weise ein. (ii) Übergeordnete diskursstrukturelle Faktoren wie Diskurstopikalität können nicht in Betracht gezogen werden. (iii) Referenz als ein Phänomen des Common Ground Managements zwischen Sprecher:in und Addressat:in wird auf eine artifizielle Kommunikationssituation (das Laborexperiment) reduziert. In diesem Vortrag werden neue Ansätze zur Erforschung referentieller Prozesse vorgestellt, die sich weg von Minikontexten hin zu naturalistischen Kontexten bewegen und (i) mit umfangreicheren Kontexten arbeiten, (ii) Hörbücher als natürliche Datenbasis für Sprachverstehensprozesse nutzen und (iii) Sprache in Interaktion erforschen. Erste daraus resultierende Konsequenzen für die Analyse und Modellierung referentieller Prozesse werden diskutiert.
Info
Tag:
25.03.2022
Anfangszeit:
09:15
Dauer:
01:00
Raum:
PlenumRaum
Track:
Keynotes
Sprache:
de
Links:
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