Version 22-03-8

Vortrag: Linguistische Imageanalyse zur Perspektivierung von Bürgermeisterïnnen in öffentlichen Diskursen

Im Mittelpunkt der linguistischen Mediendiskurs- und Imageanalyse stehen die sprachlichen Perspektivierungen von Bürgermeisterïnnen in massenmedialen Texten, erstens mit Blick auf wiederkehrende Sprachgebrauchs- bzw. Zuschreibungsmuster (Images) als Indizien für erwartungsleitende Schematisierungen (Stereotype) in der Bevölkerung, zweitens mit Blick auf divergierende Konzeptualisierungen (semantische Kämpfe) von auf Bürgermeisterïnnen bezogene Erwartungen sowohl generell als auch konkret am Beispiel von vier Fokuskommunen (Dresden, Siegen, Viernheim, Ladenburg). Die Untersuchung basiert auf Ansätzen der kontrastiven, computergestützten linguistischen Imageanalyse (nach Vogel 2010) sowie der an Foucault orientierten hermeneutischen Diskurslinguistik (nach Warnke/Spitzmüller 2008, Vogel 2009). Ziel ist die Mehrebenen-Beschreibung von Images rund um Bürgermeisterïnnen als Indikatoren für kulturspezifische, transsituativ wirksame kognitive Wissensrahmen (erwartungsleitende Stereotype dazu, was Bürgermeisterïnnen heutzutage sind, tun, sollen, dürfen etc.), die auch eine kommunikative Ressource (antizipierbares Sprach- und Weltwissen) für lokal situierte Interaktionen bilden.
Die massenmediale Informations(re)produktion popularisiert kulturspezifische Perspektivierungen von weltlichen Sachverhalten (Felder 2009) - hier Erwartungen an die kommunale Verwaltung - durch sprachlich rekurrente Ausdrucksformen (Sprachgebrauchsmuster im Sinne von Bubenhofer 2009) und stellt damit als "mediales Hintergrundrauschen" (Vogel 2010) ausdrucksseitige Verweise auf zugrundeliegende Standardwerte bereit. Operationalisieren lassen sich diese durch Rückgriff auf korpus- und computerlinguistische Methoden wie komplexe Suchanfragen zu Prädikationen und Attributionen, KWICs, kontrastive Wortfrequenz-, Ngram-, Kookkurrenz- und Clusteringanalysen, die eine induktive Erhebung von im statistischen Sinne überzufällig häufigen Ausdrucks- und Kotextmustern ermöglichen. Als Datengrundlage dient ein auf Basis von lizensierten Mediendatenbanken, Datenarchiven der vier Fokuskommunen sowie frei verfügbare Online-Nachrichtenportalen zusammengestelltes Korpus aus volldigitalisierten Texten aus ausgewählten (auflagenstarken) überregionalen, regionalen und lokalen sowie das politische Spektrum abbildenden Zeitungen aus einem Zeitraum von (soweit verfügbar) den 1940er Jahren bis heute.
Eine aktuelle methodische Herausforderung stellt die sinnvolle Zusammenstellung des Datenkorpus dar. Vor allem die unterschiedliche Zugänglichkeit/Verfügbarkeit der gewünschten (digitalen) Datentypen bewirkt, dass der betrachtete Zeitraum nicht gleichmäßig abgedeckt werden kann: im Zeitraum ab 2000 liegen pro Jahr im Vergleich fast doppelt so viele Artikel vor wie im Zeitraum zwischen 1940-1980. Zur Diskussion gestellt werden soll daher, wie dieses Ungleichgewicht in der Analyse der Daten berücksichtigt werden kann bzw. sollte und welche Auswirkungen es auf die Interpretation der Ergebnisse haben könnte.
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Literatur:
Bubenhofer, Noah (2009): Sprachgebrauchsmuster. Korpuslinguistik als Methode der Diskurs- und Kulturanalyse (= Sprache und Wissen 4). Berlin.
Felder, Ekkehard (2009): „Sprache – das Tor zur Welt!? Perspektiven und Tendenzen in sprachlichen Äußerungen“, in: Ekkehard Felder (Hg.): Sprache. Berlin / Heidelberg, S. 13–58
Vogel, Friedemann (2009): Aufstand – Revolte – Widerstand. Linguistische Mediendiskursanalyse der Ereignisse in den Pariser Vorstädten 2005. Frankfurt a. M.
Vogel, Friedemann (2010): „Linguistische Imageanalyse (LIma). Grundlegende Überlegungen und exemplifizierende Studie zum Öffentlichen Image von Türken und Türkei in deutschsprachigen Medien“, in: Deutsche Sprache 4, S. 345–377.
Warnke, Ingo / Jürgen Spitzmüller (Hg.) (2008): Methoden der Diskurslinguistik. Sprachwissenschaftliche Zugänge zur transtextuellen Ebene. Berlin.

Info

Tag: 26.03.2022
Anfangszeit: 11:25
Dauer: 00:30
Raum: Celan
Track: Soziolinguistik
Sprache: de

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