Vortrag: Postnominales algum im europäischen Portugiesisch

Das Ergebnis von Emphase, Ellipsen und Grammatikalisierungsprozessen

In diesem Vortrag geht es um die synchrone Variation des postnominalen algum im europäischen Portugiesisch (EP). Zur Erläuterung der Phänomene werden Theorien zu Emphase, Ellipsen und Grammatikalisierungsprozesse im Rahmen der generativen Grammatik verwendet und vergleiche zu historischen Entwicklungen im Bereich der Negation aufgestellt. Die Sprachdaten stammen aus dem "Reference Corpus of Contemporary Portuguese: Only Portugal" und von Befragungen mit Personen, die EP als Muttersprache sprechen.

Im europäischen Portugiesisch (EP) ist es möglich, den Quantor algum nicht nur pränominal im Sinne von irgendein, sondern auch postnominal im Sinne von kein zu verwenden. Martins (2015) erklärt dieses Phänomen mit Nominalinkorporation und vergleicht dabei Daten des modernen europäischen Portugiesischen mit Daten des modernen Spanischen und historischen Portugiesisch. Aus den Beobachtungen dieser Arbeit folgert sie, dass das postnominale algum im modernen europäischen Portugiesisch eine weitere Entwicklungsstufe als das vergleichbare alguno im modernen Spanisch vollzogen hat.
In diesem Vortrag soll es um synchrone Variation dieses Phänomens gehen. Zur Erklärung werden drei verschiedene Prozesse vorgeschlagen: Emphase, die Nutzung von Ellipsen und Grammatikalisierung. Durch Emphase wird die Verwendung von algum in Präpositionalphrasen wie in (1) erklärt, die in Form von feststehenden Ausdrücken vorkommen, um eine Aussage zu betonen.

(1) Não gosto de animais de modo algum.
Wörtl.: Ich mag keine Tiere auf gar keinen Fall!
Ich mag überhaupt keine Tiere.

Parallelen zur historischen Nutzung von pas (Schritt) im Französischen zur Emphase der Negation (vgl. Jespersen 1917) sind erkennbar. Hierauf wird neben einem generativen Blick auf Emphase basierend auf Rizzi (1997) eingegangen.
Das Wegfallen von der Präpositionalphrase (2), wo jedoch die postnominale Stellung des Quantors bleibt, wird in dem Vortrag vor dem Hintergrund von Ellipsen betrachtet, auf die ein Grammatikalisierungsprozess folgt.

(2) Não gosto de animal algum.
Ich mag (gar) keine Tiere.

Ein weiterer Aspekt ist, dass das postnominale algum historisch in einer Verbalphrase nur mit negativer Lesart vorkommen konnte, wenn präverbal eine Verneinung vorkam, vergleichbar mit (2) aus dem modernen Portugiesisch. Heutzutage ist es aber auch möglich, dass die Verneinung ausgelassen werden kann (vgl. Martins 2015). Dieses Phänomen entsteht durch einen Grammatikalisierungsprozess vergleichbar mit dem Prozess im Jespersen Zyklus (vgl. Jespersen 1917). Hierbei geht es darum, dass die Information, die mit der Verneinung não (im Jespersen Zyklus: frz. ne) ausgedrückt wird, auf das Negationselement algum (bei Jespersen: frz. pas) übergeht und damit weggelassen werden kann (3).

(3) „[…] a palavra República, nesse contexto, significa rés publica e de modo algum o regime republicano.” (CQPweb 2012, politica)
Das Wort Republik, in diesem Kontext, bedeutet rés publica und auf (gar) keinen Fall das republikanische Regime.

In einem letzten Schritt ist es auch möglich, dass Ellipsen mit Grammatikalisierung aus (2) mit der Grammatikalisierung aus (3) zusammentrifft (4).

(4) Animal algum vive aqui. (Martins 2015:1)
Kein Tier lebt hier.

Daten, die aus Befragungen von Personen mit europäischem Portugiesisch als Muttersprache stammen, zeigen, dass Konstruktionen mit postnominalem algum ohne präverbale Negation weniger akzeptiert werden als Martins (2015) es darstellt. Diese Punkte werden für die Überlegungen zum postnominalem algum in diesem Vortrag berücksichtigt.

Referenzen:
CQPweb. 2012. ‘CRPC: Portugal Only’. Sprachkorpus. Reference Corpus of Contemporary Portuguese (blog). 2012. http://alfclul.clul.ul.pt/CQPweb/portugal/.
Jespersen, Otto. 1917. Negation in English and Other Languages. Kobenhavn: Host.
Martins, Ana Maria. 2015. ‘Negation and NPI Composition inside DP’. Syntax over Time: Lexical, Morphological and Information-Structural Interactions, 102–22.
Rizzi, Luigi. 1997. ‘The Fine Structure of the Left Periphery’. In Elements of Grammar: Handbook in Generative Syntax, edited by Liliane Haegeman, 281–337. Dordrecht: Springer Netherlands. https://doi.org/10.1007/978-94-011-5420-8_7.

Info

Tag: 21.05.2020
Anfangszeit: 11:50
Dauer: 00:30
Raum: Chomsky
Track: Theoretical Linguistics
Sprache: de

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