Vortrag: Narzisstische Manipulation. Eine Aufgabe der Linguistik!

Nach Expert·inn·enschätzung machen körperlich diagnostizierbare Misshandlungen „lediglich“ zehn Prozent aller Kindesmissbrauchsfälle aus, denen 90 Prozent von emotionalem Missbrauch gegenüberstehen. Von einer ähnlichen Relation ist bei (romantischen) Beziehungen zwischen Erwachsenen auszugehen. Die aus pathologischem Narzissmus resultierende psychische Gewalt, die durchweg von Macht und Manipulation bestimmt ist, steht also auch hier dem körperlichen bzw. sexuellen Missbrauch insofern gegenüber, als dass man diesen objektiv leichter feststellen und die Täter·innen zur Verantwortung ziehen kann. Um in dieser Hinsicht mehr Transparenz zu ermöglichen und um überhaupt ein Bewusstsein für die Täterschaft des Narzissten zu schaffen, gilt es mithin, eine genuin kommunikations- und sprachwissenschaftliche Betrachtung forcieren, um zunächst eine Theorie der narzisstischen Manipulation aufzustellen, die in weiteren Schritten empirisch zu meliorieren bzw. in Teilen ggf. zu korrigieren ist.

Auf drei Ansätze, die mir zur Betrachtung dieser Thematik relevant erschienen, möchte ich mich dabei beziehen, wobei gern in der Diskussion erörtert werden kann, wie diese zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen sind. Dabei werde ich illustrieren, wie diese Ansätze genutzt werden können, um von der kommunikativen Oberfläche auf Verwerfungen in sozialen Beziehungen zu schließen:

1. Zunächst soll anhand des Vier-Ohren-Modells Schulz’ von Thun der Begriff der Manipulation als verdeckte Veranlassung auf der kommunikativen Ebene des Appells verstanden werden.

2. Darauf aufbauend möchte ich narzisstische Kommunikation als Verletzung der Grice’schen Konversationsmaximen der Qualität und der Modalität beschreiben.

3. Schließlich wird mithilfe der Doppelbindungstheorie zu erklären sein, wie Narzissten paradoxe Botschaften, sog. Doppelbotschaften, zur Erzeugung und Konsolidierung von emotionaler Abhängigkeit einsetzen.

Dabei soll eine besondere Betrachtung auf narzisstischen Partnerschaften liegen. Für solche zwischenmenschlichen Konstellationen lässt sich herausstreichen, dass sich darin gemäß dem fünften metakommunikativen Axiom von Watzlawick et al. nicht-symmetrische Kommunikationsabläufe ergeben, wobei Symmetrie die soziale Norm bleibt. Die Einhaltung der Konversationsmaximen bleibt auf der Oberfläche erhalten, spiegelt aber nicht die kommunikativen Machtverhältnisse wider.

Info

Tag: 20.11.2020
Anfangszeit: 19:45
Dauer: 00:30
Raum: Clotilde Tambroni
Track: Applied Linguistics
Sprache: de

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