Vortrag: Visualität, Raum und Interaktion in der Katastrophen-Medizin
Multimodale Hervorhebungspraktiken bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV)
Dieser Beitrag aus dem Bereich der Workplace Studies (vgl. Knoblauch 1999) betrachtet, wie Rettungskräfte ihre professionellen Strukturen für den Umgang mit Großschadenslagen und Situationen mit einer großen Anzahl an Verletzten interaktiv in konkreten Übungssituationen umsetzen. Am Beispiel der gemeinsamen Etablierung des Standorts einer Patient*innenablage, an der Verletzte zur medizinischen Versorgung während des Einsatzes gesammelt werden, sollen interaktive Methoden zur multimodalen Organisation von visueller Wahrnehmung und Positionen im Raum betrachtet werden. Die Grundlage für diese Betrachtung bietet C. Goodwins Beschreibung von Hervorhebungspraktiken als professionelle Organisation von Visualität (vgl. Goodwin 1996).
Dabei kann gezeigt werden, dass die Rettungskräfte neben ihrer Sprache auch verkörperte Ressourcen wie Blick, Gestik und Bewegung und Position im Raum interaktiv aktivieren, um gemeinsam professionelle Strukturen wie die Position der Patient*innenablage herzustellen. Hier wird auch deutlich, wie diese Strukturen in gemeinsam koordinierter Arbeit erst entstehen können. Für die Analyse wird eine Fallkollektion aus zwei Einzelfällen präsentiert, die aus einer audiovisuellen Aufnahme einer Einsatzübung ausgewählt wurden. Diese Aufnahmen wurden mit mehreren mobilen wie stationären HD-Kameras durchgeführt, unterstützt von mobilen Funkmikrofonen, 360°-Kameras und mobilen Eye-Tracking-Kameras (vgl. Pitsch et. al. 2020). Das analytische Framework des Beitrags ist die multimodalen Konversationsanalyse (vgl. Schmitt 2015), worüber die situierten, interaktiven Praktiken der Rettungskräfte auf mikroanalytischer Ebene erfasst werden können. Die verfügbaren Daten wurden für diese Analyse in anonymisierten Screenshots und multimodal annotierten Transkripten fixiert.
Wenn diese grundlegend qualitativen Untersuchungen in den Kontext quantitativ umfassender Fallkollektionen eingeordnet werden, können mit diesen Ergebnissen bestehende Lehrmethoden in der Aus- und Fortbildung neuer Rettungskräfte verbessert und neue Best-Practice-Beispiele entwickelt werden.
Bibliographie:
Goodwin, Charles (1994): Professional Vision. In: American Anthropologist. 96 (3). S. 606 – 633.
Knoblauch, Hubert / Heath, Christian (1999): Technologie, Interaktion und Organisation. Die Workplace Studies. In: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie. 25 (2). S. 163 – 181.
Pitsch, Karola / Bachmann, Peter / Dudda, Marcel (2020): ‚Triage‘ in Mass Casulty as Situated Interaction. Algorithm and Participation. In: Proceedings of the 18th European Conference on Computer-Supported Cooperative Work.
Schmitt, Reinhold (2015): Positionspapier. Multimodale Interaktionsanalyse. In: Dausendschön-Gay, Ulrich / Gülich, Elisabeth / Krafft, Ulrich (Hrsg.): Ko-Konstruktion in der Interaktion. Die gemeinsame Arbeit an Äußerungen und anderen sozialen Ereignissen. Bielefeld: transcript. S. 43 – 54.
Info
Tag:
19.11.2021
Anfangszeit:
14:00
Dauer:
00:30
Raum:
👾
Track:
Applied linguistics
Sprache:
de
Links:
Dateien
Feedback
Uns interessiert Ihre Meinung! Wie fanden Sie diese Veranstaltung?
Gleichzeitige Events
ReferentInnen
Felix Bergmann |