Vortrag: Mediävistische (Text-)Analyse und ihr Potential in der Etablierung einer historischen Spracheinstellungsforschung
Mein Vortrag beschäftigt sich mit dem linguistischen Konzept der Spracheinstellung und ihrem Potential als Kategorie zur mediävistischen Textarbeit. Der Fokus liegt auf der Frage nach der Eignung historischer schriftlicher Quellen im Kontext einer 'historischen Spracheinstellungsforschung'.
Die Spracheinstellung gilt als etabliertes Konzept in der Sprachwissenschaft und versucht anhand verschiedener Methoden, die Meinungen eines Individuums oder mehrerer Individuen gegenüber einer Sprache oder Sprachform zu ermitteln. Dabei bilden Daten aus der Analyse der zumeist zeitgenössisch gesprochenen (bspw. Hörer:innenurteilstests) und geschriebenen (bspw. Analyse von Werbeanzeigen) Sprache die Grundlage der Analyse.
Im Rahmen meiner Masterarbeit beschäftige ich mich mit der Eignung historischer schriftlicher Quellen im Kontext einer 'historischen Spracheinstellungsforschung' bzw. dem Potential des Einstellungsbegriffs zur Analyse mittelhochdeutscher Texte. Dabei wird der sprachwissenschaftliche Einstellungsbegriff neben seiner gewohnten Anwendung auch zur narratologischen Untersuchung genutzt und narratologischen Kategorien wie Stimme oder Erzähler:in wird aus einer sprachwissenschaftlichen Perspektive begegnet. Auch materialphilologische Kategorien werden aus einstellungsorientierter Perspektive beleuchtet.
Die folgenden Thesen bilden den Kern der Untersuchung, die sowohl betrachtet, wie mittelalterliche Autor:innen und Schreiber:innen ihre diesbezüglichen Ressourcen nutzen und andererseits, wie ein zeitgenössisches Publikum diese Spuren lesen und bewerten kann:
(1) Die besondere Überlieferungsform mittelalterlicher Texte legt neben einer sprach- bzw. schriftsprachliche Einstellungsebene auch eine rein materiell-bildliche Sprachbewertung nahe. Dies geschieht vornehmlich durch den Einsatz von Farbe, Initialsetzung, Rubrizierung, Schriftart und sonstiger Ausgestaltung.
(2) Sprachwechsel innerhalb eines Textes (z.B. Latein-Deutsch bzw. der Einsatz verschiedener Dialekte) ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf Sprachbewertung bzw. Sprachprestige.
(3) Auf dialogisch-sprachlicher Ebene wird Sprache in Form von direkten Reden (Komplexität der Rede) bewertet. Wird durch die Sprache auch eine Figur bewertet, geschieht das in etwa durch die Menge an Redeanteil oder Wertung der von ihr gebrauchten Sprache.
(4) Marginalia bzw. Glossen und Randkommentare werden in einigen Fällen ebenfalls nicht nur zur Bewertung des Inhalts, sondern auch der Sprache genutzt.
Die präsentierten Thesen sollen, jeweils durch Beispiele aus der Vorauer Handschrift (Cod 276, 12. Jahrhundert) gestützt, Thema meines Vortrags sein.
Info
Tag:
11.05.2024
Anfangszeit:
11:30
Dauer:
00:30
Raum:
Seashell (33.4.032)
Track:
Historical Linguistics
Sprache:
de
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ReferentInnen
Dorothea Sichrovsky |