Vortrag: 'Stancetaking' in Kommentarspalten auf Youtube mit ideologischem Radikalisierungspotenzial

Eine beispielhafte Analyse anhand der Kommentare zum Video „Frau, die neue Herrenrasse #MeToo F*ck You! (MGTOW Deutsch) | dig.ga“

Triggerwarning: Some of the analyzed comments contain insulting and explicit language, diffamation of women and allusions to sexual violence.

Der Vortrag setzt sich mit den Kommentaren zu einem Video der "Incel"-Szene auseinander. Auf der theoretischen Grundlage des 'Stancetakings' werden die Kommentare hinsichtlich Selbst- und Fremdpositionierung nach Zustimmung, Wortwahl und expliziter und implizierter Positionierung kodifiziert. Danach erfolgt eine qualitative Analyse der Kommentare, wobei übergreifende Strategien, welche eine Radikalisierung in solchen Echokammern vereinfachen, herausgestellt und sprachliche Muster identifiziert.

Trotz der Tatsache, dass das Internet viele positive Möglichkeiten der Vernetzung geschaffen hat, ist es auch ein Raum, in dem fragwürdige Ansichten geteilt und propagiert werden und der zum Zwecke der Radikalisierung genutzt werden kann. Dazu bieten sich insbesondere Social-Media-Plattformen an, welche auch eine Kommentarfunktion bieten, in denen sogenannte Echokammern entstehen, wie z.B. Youtube. Die Arbeit betrachtet die sprachliche Selbst- und Fremdpositionierung in der Kommentarspalte eines Videos („Frau, die neue Herrenrasse #MeToo F*ck You! (MGTOW Deutsch) | dig.ga“), welches inhaltlich der „Incel“-Szene zuzuordnen ist. Die Kommentare spiegeln in vielen Fällen die im Video geäußerten Ansichten wider und verschärfen diese noch. Ziel war es, zu betrachten, wie sich die Kommentierenden sprachlich selbstpositionieren und ob sich übergreifende Muster dabei identifizieren lassen. Es wird auf Radikalisierung online mit einem Schwerpunkt auf die „Incel“-Szene eingegangen, wonach die theoretischen Grundlagen des Stancetakings erklärt werden, bevor sich explizit mit dem genannten Video und den Kommentaren beschäftigt wird. Die Methodik schließt eine Kodifizierung der Kommentare nach Länge, alignment zum Videoinhalt, explizite sowie implizite Selbstpositionierung, Emotionsgehalt/Konnotation und Wortwahl mit ein. Es zeigt sich, dass verschiedene sprachliche Mittel zur Herstellung einer Gruppenzugehörigkeit, sowie persönliche Berichte und eine emotionale Wortwahl zu einer expliziten Abgrenzung von bestimmten Gruppen die Selbst- und Fremdpositionierung prägen und ein dichotomes Gesellschaftsbild schaffen. Des Weiteren wird von angeblich potenziell bedrohlichen Zukunftsszenarien geschrieben, welche durch emotionsgeladenes Vokabular verstärkt wird, um die eigene Ideologie und Identität als Gruppe zu stärken und legitimieren. Es zeigt sich, wie in den Kommentarspalten eine menschenverachtende Ideologie, welche im Video wiedergegeben wird, auf einer öffentlichen Plattform noch zu einer weiteren Radikalisierung führen kann, indem diese Strategien explizit durch emotionale Wortwahl und Positionierung durch Abgrenzung und Selbstdarstellung genutzt werden. Gesellschaftliche Differenzen werden dort hochstilisiert und die Spannung zwischen dem Selbst und „den Anderen“ ideologisch verschärft; dies bietet fruchtbaren Boden für Radikalisierungsprozesse.

Info

Tag: 09.05.2024
Anfangszeit: 15:20
Dauer: 00:30
Raum: Seashell (33.4.032)
Track: Sociolinguistics
Sprache: de

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