Vortrag: "Der", "die" oder "das Potato"?
Das Genus substantivischer Anglizismen in Abhängigkeit von lexikalischer Variation im Deutschen
Anglizismen sind heutzutage ein allgegenwärtiges Phänomen. Was aber ist notwendig, um ein englisches Lehnwort ins Deutsche zu integrieren? Bei substantivischen Anglizismen ist eines der wichtigsten Probleme die Genuszuordnung. Im Deutschen spielt das grammatische Geschlecht eine wichtige Rolle, im Englischen dagegen ist es sehr reduziert. Bei der Übernahme weisen Sprecher*innen Anglizismen oft ganz automatisch einem Genus zu, ohne ein Bewusstsein für die Gründe ihrer Wahl. Trotzdem geschieht die Genuszuweisung englischer Lehnwörter nicht zufällig, sondern folgt gewissen Prinzipien.
Eines der wichtigsten ist das Prinzip des semantischen Äquivalents. Demnach erhalten Anglizismen im Deutschen das grammatische Geschlecht ihrer nächsten lexikalischen Entsprechung bzw. ihres semantischen Äquivalents. So heißt es beispielsweise "die Rush-hour" (nach "die Stunde"), "der Coat" (nach "der Mantel"), "das Copyright" (nach "das Urheberrecht").
Was ist aber, wenn es im Deutschen mehrere Varianten unterschiedlicher Genera gibt, die als semantisches Äquivalent herangezogen werden könnten? Es gilt die folgende Hypothese: Gibt es zu einem neu entlehnten englischen Begriff im Deutschen verschiedene dialektale/soziolektale Varianten mit unterschiedlichem Genus (z. B. "das Kissen" vs. "der Polster"), die als gleichwertige Übersetzungen des englischen Begriffs gelten können, so werden verschiedene Sprecher*innen den Begriff bei einer Entlehnung ins Deutsche auch unterschiedlichen Genera zuweisen (z. B. "das Pillow" vs. "der Pillow"), je nachdem welche deutsche Variante sie selbst vorrangig verwenden.
Um diese Hypothese zu überprüfen, erstellte ich eine Online-Umfrage. Dabei ließ ich meine Proband*innen zuerst einer Reihe englischer Wörter spontan einen Artikel und somit ein grammatisches Geschlecht zuweisen. Danach sollten sie zu einigen deutschen Wörtern angeben, welche regionalen Varianten sie selbst üblicherweise verwenden. Die abgefragten deutschen Wörter entsprachen dabei den englischen aus dem ersten Teil der Umfrage. So wollte ich herausfinden, ob die deutschen Varianten tatsächlich das Genus der Anglizismen bestimmen, und wenn nicht, welche anderen Faktoren für die jeweilige Genuswahl verantwortlich sein könnten. Die Ergebnisse möchte ich in meinem Vortrag präsentieren.
Info
Tag:
10.05.2024
Anfangszeit:
14:00
Dauer:
00:30
Raum:
Seashell (33.4.032)
Track:
Typology and Variational Linguistics
Sprache:
de
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ReferentInnen
Emilia Wess |