Version 4.2

Vortrag: Was vergleicht die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft? Und wozu?

Die Aufgabe der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft ist die Erforschung der sprachlichen Vielfalt aus der Perspektive ihrer Entstehung und Entwicklung. Neue Sprachen entstehen bekanntlich durch Auflösung älterer Sprachgemeinschaften in Gruppen einander ähnlicher aber unterschiedlicher Sprachen, die sich im Laufe der Zeit immer weiter auseinanderentwickeln. Für einige wenige Gruppen so entstandener verwandter Sprachen lassen sich diese Prozesse unmittelbar anhand von schriftlichen Quellen verfolgen. So z.B. im Falle der romanischen Sprachen wie Französisch, Italienisch oder Spanisch, die auf eine gut dokumentierte Grundsprache namens Latein zurückgehen. In den meisten Fällen liegt die Entstehung von Gruppen verwandter Sprachen (sog. ‚Sprachfamilien‘) allerdings so weit zurück, dass hierzu keine schriftlichen Zeugnisse vorliegen oder erwartet werden können. Somit lassen sich z.B. weder die gemeinsame Grundsprache der heute gesprochenen slavischen, keltischen oder iranischen Sprachen direkt erforschen, noch die Zwischenstufen der einzelsprachlichen Entwicklung nach der Auflösung der betreffenden Grundsprachen.
Die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft verfügt allerdings über eine leistungsfähige Methode, die auf den ersten Blick für immer verlorenen Informationen über undokumentiert ausgestorbene Grundsprachen und die älteren Stufen in der Entwicklung ihrer Nachkommen zurückzugewinnen. Die sogenannte ‚historisch-vergleichende‘ Methode macht es möglich,
(a) die im genetischen Sinne verwandten Sprachen zu identifizieren,
(b) die Entwicklung ihrer Phonologie, Lexik und Grammatik bis zu ihrer Trennung nach dem Zerfall der gemeinsamen Grundsprache im Detail zurückzuverfolgen.
Die Key-Note-Lecture macht mit der Funktionsweise der historisch-vergleichenden Methode vertraut und informiert über ihre wichtigsten Ergebnisse für verschiedene Regionen der bewohnten Welt.

Prof. Dr. Eugen Hill wandte sich erst nach Abschluss eines Lehramtsstudiums (für die Fächer Deutsch und Englisch) im Jahr 1994 der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft zu. Nach der Promotion in historisch-vergleichender Sprachwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Sommer 2000) erforschte er vor allem die älteren germanischen, keltischen und indo-iranischen Sprachen. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Interessen stehen die allgemeineren Gesetzmäßigkeiten, denen die Entwicklung von Gruppen verwandter Sprachen unterworfen sind. Bis zu seiner Berufung auf den Lehrstuhl für historisch-vergleichende Sprachwissenschaft der Universität zu Köln (Herbst 2015) unterrichtete Eugen Hill an der LMU München, der HU Berlin sowie an den Universitäten Wien, Potsdam, Erfurt und Würzburg.

Info

Tag: 24.05.2019
Anfangszeit: 10:00
Dauer: 01:00
Raum: 100/ Aula 2
Track: Historical linguistics
Sprache: de

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