Talk: Die Entstehung von Derivationsmorphemen: Grammatikalisierung oder Lexikalisierung?
Eine lexikalistische Betrachtung
Ist die Entstehung einer Adjektivendung wie dt. -lich < Proto-Germ. *līka 'Körper' noch Grammatikalisierung? Oder schon Lexikalisierung, da ja damit neue Wörter gebildet werden. Dieser Frage in Zusammenhang mit anderen Fallbeispielen aus germanischen und semitischen Sprachen gehe ich in diesem Vortrag nach. Die Perspektive, aus der dieses Problem betrachtet sei, ist streng lexikalistisch; also Flexion und Derivation werden nicht Syntax und Lexikon separat zugeordnet, sondern sind beide Teil der Morphologie. Als theoretischen Hintergrund dient mir die Kategorialgrammatik (ein "Verwandter" der HPSG), wobei aber keine Vorkenntnisse nötig sind.
Bei Grammatikalisierung wird bekanntlich aus einem lexikalischen Zeichen ein grammatisches - z. B. bei einem unbestimmten Artikel aus dem Zahlwort 'eins' (gibt es in etlichen Sprachen). Dagegen viele ein Beispiel wie die Entstehung einer Adjektivendung wie dt. -lich < Proto-Germ. *-līka 'Körper') in die Lexikalisierung, da ja mit -lich neue Wörter gebildet werden.
Dem liegt eine strikte Trennung von Grammatik und Lexikon zugrunde. Aber was bedeutet es, wenn man Grammatik im Lexikon verankert ist? Knackpunkt ist hier die Differenzierung von Flexions- und Derivationsmorphologie, wobei Ersteres primär als syntaktisches, Letzteres als lexikalisches Phänomen eingeordnet wird. Es gibt jedoch gute Gründe, die Unterscheidung dieser beiden Teile der Morphologie aufzugeben. Die Konsequenzen daraus sollen in diesem Vortrag auf die Grammatikalisierungsforschung übertragen werden. Die Kategorialgrammatik (deren nächster "Verwandter" die weiter verbreitete HPSG ist), stellt hier ein geeignetes Mittel dar, aufzuzeigen, was bei mutmaßlichen Grammatikalisierungs-/Lexikalisierungsprozessen passiert. Es werden keine kategorialgrammatischen Kenntnisse vorausgesetzt! Als untersuchte Sprachen dienen germanische und semitische.
Info
Day:
2020-11-19
Start time:
10:00
Duration:
00:30
Room:
Odille Morison
Track:
Historical Linguistics
Language:
de
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Dominique Bobeck |